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Misshandelte Kinder – zerstörte Leben

Jede Woche sterben in Deutschland im Durchschnitt drei Kinder an den Folgen von häuslicher Gewalt oder Vernachlässigung. Die Polizeistatistik von 2010 berichtet von mehr als 4.000 Fällen von Misshandlung, wie hoch die Dunkelziffer ist, weiß niemand. Selbst wenn die Kinder überleben, nehmen ihre Seelen doch kaum wiedergutzumachenden Schaden.

Im Vergleich zu den 1980er Jahren ist die Anzahl an bekannten Misshandlungsfällen deutlich gestiegen. Allerdings steckt dahinter vermutlich nicht eine Zunahme der Gewalt, sondern eher eine erhöhte Sensibilität von Erziehern, Bekannten oder Nachbarn. Die Fälle werden eher gemeldet. Grund für die Misshandlungen sind oft Eltern, die mit der Aufgabe, ein Kind zu erziehen, grenzenlos überfordert sind.

 


Warum Eltern Ihre Kinder misshandeln


Kinder können der extrem anstrengend sein. Ständige Forderungen, lautstarkes Gebrüll, das unentwegte Buhlen um Aufmerksamkeit und das ständige Austesten von Grenzen lassen das Nervenkostüm von Eltern schnell gefährlich dünn werden. Wer sich nicht unter Kontrolle hat und vielleicht selbst aus einer Familie kommt, in der Gewalt an der Tagesordnung war, dem rutscht dann nur allzu leicht die Hand aus – und noch mehr. Die Vermutung, dies beträfe nur untere soziale Schichten, ist falsch. Überall werden Kinder geschlagen und misshandelt, vor allem dann, wenn Krisen die Familie schütteln - existentielle Sorgen, Probleme in der Partnerschaft oder Arbeitslosigkeit.

 


Das Phänomen der Schüttelkinder


Seit einiger Zeit geistert der Begriff der „Schüttelkinder“ durch die Medien. Schockierende Berichte und Videos dokumentierten die Ausraster von Eltern im Kinderzimmer. Das Baby will einfach nicht still sein und brüllt unentwegt weiter. Verzweifelte Väter und Mütter in Rage beginnen das Baby zu schütteln, damit es nur einfach endlich aufhört zu schreien. Das kann dramatische Folgen haben: Schon leichtes Schütteln kann Gehirnverletzungen auslösen, die zu einer dauerhaften geistigen Behinderung führen, massives Schütteln bringt die Kinder schlichtweg um. Die Zahlen zu Todesfällen durch Schütteln sind ungenau. Schätzungen des Kinderschutzbundes Nordrhein-Westfalen gehen von etwa 100 toten Säuglingen pro Jahr aus. Die Dunkelziffer wird laut Expertenmeinungen als deutlich höher eingeschätzt.


Das Schütteln von Babys und Kleinkindern ist deshalb so gefährlich, weil das Hirngewebe von Babys viel Flüssigkeit enthält und dadurch relativ schwer ist. Die Muskulatur im Nacken ist kaum entwickelt, so dass der Kopf nicht ausreichend stabilisiert werden kann. Beim Schütteln wird das Gehirn an den Schädelknochen geschleudert – es verschiebt sich, Nervenbahnen und Blutgefäße werden gequetscht oder reißen. Diese Schäden können bereits bei leichtem Schütteln auftreten.

 


Rechtzeitig Hilfe suchen!


Sollten Sie selbst merken, dass Sie oder auch Ihre Partnerin von Ihrem Baby überfordert sind, lassen Sie es gar nicht erst so weit kommen, dass Sie es schlagen oder misshandeln. Die ersten Anzeichen für Gewalt zeigen sich schon lange bevor es zu „echten“ und massiven Misshandlungen kommt. Stellen Sie fest, dass Sie Ihr Kind aus nackter Wut oft hart anfassen, so dass es weint; bestrafen Sie es oft härter als Sie selbst es eigentlich für angemessen halten, und haben Sie insgeheim schon ein schlechtes Gewissen, dann sollten Sie nicht lange warten und sich Rat und Hilfe holen. Familienberatungsstellen wie ProFamila, SOS-Beratungsstellen und andere Anlaufpunkte helfen durch Gespräche und praktische Tipps, aber auch durch handfeste Unterstützung. Wichtig ist immer auch, dass Sie selbst sich Ruhepausen und Auszeiten gönnen – am besten zusammen mit Ihrer Partnerin.

 


Misshandelte Seelen heilen


Kinder, die körperlich oder seelisch misshandelt wurden, tragen schwere Schäden bis hin zur Traumatisierung davon. Die Erinnerung an die Gewalterfahrungen in der Kindheit ist unauslöschbar in Körper und Seele eingebrannt. Therapien können später nur noch helfen, mit den Erfahrungen umzugehen und die Wunden zumindest teilweise zu heilen. Narben werden immer zurückbleiben. Bei kleineren Kindern wird häufig die Spieltherapie eingesetzt. Das Spiel ist die Sprache des Kindes. In der Spieltherapie kann es sich in geschütztem Rahmen und mit seinen eigenen Ausdrucksmitteln mit seiner Realität auseinandersetzen und durch Wiederholungsspiele sogar Ängste bewältigen. Ältere Kinder können auch von einer Gesprächstherapie profitieren. Neben der therapeutischen Behandlung ist es wichtig, dass das Kind in einem geschützten liebevollen Umfeld untergebracht wird, in dem es nach und nach wieder ein gewisses Maß an Vertrauen entwickeln kann.


Unsere Kinder sind uns anvertraut, damit wir sie hegen und pflegen und ihnen die Möglichkeit geben, frei, sicher und gesund aufzuwachsen. Jede Misshandlung, jede körperliche Gewalt, jede Vernachlässigung ist ein Vertrauensmissbrauch, der die Persönlichkeit unseres Kindes beeinflusst und sein Recht auf Glücklich sein verletzt.

 


Hier finden Sie Hilfe bei Überforderung:


www.hebammenverband.de


www.nummergegenkummer.de


www.bke.de


www.kinderschutzbund-nrw.de