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Kuckuckskinder – fremdes Kind im eigenen Nest

Experten schätzen, dass jedes Jahr circa 70.000 Kinder in Deutschland geboren werden, bei denen biologischer und offizieller Vater nicht übereinstimmen, das sind etwa 10% aller Neugeborenen. Genaue Zahlen kennt natürlich niemand, denn oft wird die Tatsache, dass das Kind nicht vom eigenen Freund oder Ehemann stammt, von den Müttern verschwiegen.

Für Väter, die irgendwann entdecken oder vermuten, dass ihnen ein fremdes Ei ins Nest gelegt wurde, beginnt ein schwieriger Entscheidungsprozess. Soll man die Tatsache totschweigen und mit einer Lüge weiterleben oder soll man in der Vergangenheit bohren und jede Einzelheit auf den Tisch bringen, was in den meisten Fällen zur Zerstörung der Familie führt? Leidtragender ist dann in erster Linie das Kind. Es „verliert“ den Vater und gleichzeitig bricht die ganze Familie auseinander. Ratschläge, was falsch oder richtig ist, gibt es hier nicht, denn jeder Mensch und jede Situation sind einmalig. Denkt man als Mann darüber nach, ob und wie man Gewissheit über die Herkunft des eigenen Kindes erhalten kann, stehen einige Überlegungen bevor.


Der heimliche Vaterschaftstest

Die biologische Vaterschaft lässt sich heute zuverlässig durch einen sogenannten Gentest mit 99,99%iger Sicherheit nachweisen. Soll eine Vaterschaft ausgeschlossen werden, liegt die Sicherheit sogar bei 100%. Dabei wird die DNA von Vater und Kind analysiert und verglichen. Je nach Ergebnis lässt sich dann eine Vaterschaft ausschließen bzw. wird bestätigt.

So hat man als Mann absolute Klarheit darüber, ob das Kind das eigene ist. Bislang war es für Väter auch möglich, diese Tests heimlich durchzuführen. Genützt hat das dem Vater rein rechtlich allerdings wenig, da das Ergebnis des Tests vor Gericht nicht anerkannt wird.

Ab Februar 2010 sind die heimlichen Tests gänzlich verboten. In einem Gesetzesentwurf vom April 2008 über ein neues Gendiagnostikgesetz wurde beschlossen, dass ein Gentest grundsätzlich nur noch mit Wissen aller getesteten Personen stattfinden darf.

Zwei Jahre vor diesem Beschluss trat bereits das „Gesetz zur Klärung der Vaterschaft unabhängig vom Anfechtungsverfahren“ in Kraft. Nach diesem Gesetz haben alle Beteiligten innerhalb des Dreiecksverhältnisses Mutter, Kind, rechtlicher Vater, ein Recht darauf, die Abstammung des Kindes zu kennen. Eine Anfechtung der Vaterschaft war dann bis zwei Jahre nach der Klärung möglich. Da dieses Gesetz allerdings die heimlichen Vaterschaftstests nicht unterbunden hat, entstand im Nachgang das neue Gendiagnostikgesetz.

 

Rechtliche Aspekte

Hat man als Mann nun – egal ob durch Gespräche mit der Mutter des Kindes oder über einen (noch) legalen Vaterschaftstest - herausgefunden, dass man nicht der leibliche Vater des Kindes ist, sind einige Entscheidungen zu treffen. Denn noch immer hat man als Mann die Wahl, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Unter rein rechtlichen Aspekten werden Kuckuckskinder folgendermaßen behandelt:

Die Frau begeht nach StGB § 169. Personenstandsfälschung eine Straftat und zwar gegenüber dem Kind, dem vermeintlichen Vater und dem echten Vater. Allerdings sagt dies nicht besonders viel aus. Nach diesem Gesetz kann wohl eine Mutter mit bis zu zwei Jahren Freiheitsentzug bestraft werden, doch wo kein Kläger, da kein Richter und selbst wenn das „Verbrechen“ angezeigt wird, wird es oft von der Staatsanwaltschaft wegen mangelndem öffentlichen Interesse wieder eingestellt.


Sollte der Vater bei einem Verfahren zur Anfechtung der Vaterschaft Recht bekommen, gibt es einschneidende Veränderungen im rechtlichen Vater-Kind-Verhältnis:

  • Die Verwandtschaftsbeziehung zum bisherigen Vater und dessen Familie besteht nicht mehr, allerdings bleibt das Zeugnisverweigerungsrecht in Strafprozessen bestehen.
  • Die Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den bisherigen Vater entfallen.
  • Die sozialrechtlichen Ansprüche, die im Vater-Kind-Verhältnis begründet sind (Familienversicherung, Waisenrente), entfallen ebenso.
  • Unter Umständen kommt es zu einem Wegfall der deutschen Staatsbürgerschaft, wenn diese allein durch die Vaterschaft begründet war.
  • Der bisherige Vater verliert den Anspruch auf Kindergeld, auf Steuerfreibeträge und Vergünstigungen, wie sie zum Beispiel im öffentlichen Dienst gewährt werden.
  • Bereits gezahlter Unterhalt kann nicht vom Kind zurückgefordert werden, lediglich eine Rückforderung vom später als Vater festgestellten Mann ist möglich (BGH-Urteil vom April 2008).
  • Der Familienname des Kindes kann im Nachhinein geändert werden.

Die zuständige Behörde für eine Vaterschaftsklage ist immer das Amts- bzw. Familiengericht, das für den Wohnsitz des Kindes zuständig ist.


Was rein rechtlich ein undurchdringlicher Dschungel ist, ist für das Kuckuckskind meist eine emotionale Katastrophe und existentielle Bedrohung. Aus diesem Grund sollte die Anfechtung der Vaterschaft mit all ihren Konsequenzen wohl überlegt sein. Ein extrem wichtiger Faktor ist hier natürlich auch das aktuelle Verhältnis zur Kindsmutter. Wägen Sie genau ab, ob es unter Berücksichtigung aller Faktoren nicht möglich ist, mit Offenheit und dem Versuch Vergangenes zu verzeihen, den Schock über das Kuckuckskind im eigenen Nest überwinden.