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Angst vorm Kinderkriegen – Warum die Deutschen immer später und immer weniger Kinder haben

Die Geburtenrate auf der Welt ist seit 1970 fast um 50 Prozent gesunken, Deutschland liegt innerhalb der Europäischen Union an hinterster Stelle. Auf 1.000 Einwohner kommen lediglich 8,4 Geburten. Hinter diesen Zahlen steckt - nicht nur, aber besonders stark - die Existenzangst der Menschen . Denn Nachwuchs muss man sich auch leisten können.

Dabei geht es den Eltern eher selten um den eigenen Wohlstand, viel mehr steigt die Angst zunehmend, dem Kind nicht all das bieten zu können, was es zum glücklichen Leben benötigt. Dass dies längst nicht ausschließlich Luxusgüter und Markenkleidung sind, wird dabei oft vergessen. Vor allem sozial schwächer gestellten Menschen wird durch wohlhabende Übereltern, die ihr Kind mehr mit materiellen Gütern als mit Fürsorge überschütten, oft der Mut zur eigenen Familie genommen.


Jede fünfte Frau bleibt kinderlos

Das Statistische Bundesamt vermeldete im November 2013, dass mittlerweile jede fünfte Frau in Deutschland zwischen 40 und 44 Jahren kinderlos geblieben ist. Der Osten, der bislang als deutlich kinderreicher galt, holt hier mittlerweile stark auf, aktuell liegt die Anzahl der kinderlosen Frauen im Westen bei 23 und im Osten bei 20 Prozent (vormals 15 Prozent). Auffällig ist dabei, dass die Kinderlosigkeit in den Stadtstaaten besonders hoch ist, in den Flächenländern Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern ist die Geburtenrate dagegen höher. Die Kinderlosigkeit ergänzt und betätigt laut der Erhebung die Trends hin zur späten Familiengründung und zur Kinderlosigkeit unter Akademikerinnen.


Können wir uns Kinder leisten?

Diese Frage stellen sich zahlreiche Paare und verzichten schließlich aus Sorge darum, genau dies nicht zu können, auf die Familiengründung - oder verschieben sie zumindest auf später. Die unsichere Wirtschaftslage schürt die Angst vor Armut vor allem bei den ohnehin sozial schwächeren Bevölkerungsschichten. Der Gedanke an ein Kind verstärkt diese Ängste zusätzlich – daran ändern auch die Sozialleistungen des Staates, die höher sind denn je, kaum etwas. Ein Kind kostet unter Einbezug der steuerlichen Vorteile mindestens 500 Euro im Monat – das muss man sich erst einmal leisten können. Für alleinerziehende Elternteile wird das Armutsrisiko mit 40 Prozent bewertet, in der Großfamilie liegt das Risiko immer noch bei 25 Prozent. Lediglich die Kleinfamilie in der Konstellation Mutter, Vater, Kind wird als weitgehend krisensicher eingeschätzt.


Mit Kindern direkt in die Wohnungsnot

Die Mieten, wie auch die Energiekosten steigen ständig, der Immobilienverband Deutschland geht davon aus, dass inzwischen 35 Prozent des Haushaltseinkommens für die Warmmiete ausgegeben werden. Wer allein oder „nur“ mit dem Partner lebt, ist hier je nach Budget flexibel und kann sich auch einmal beschränken. Mit Kind sieht das schon anders aus, die Wohnung muss eine bestimmte Raumanzahl und Größe aufweisen, auch die Lage – angebunden und dennoch im Grünen – spielt eine wichtige Rolle. Mögliche Eltern, die schon vorab wissen, dass sie sich eine entsprechende Wohnung nicht leisten oder sie vielleicht gar nicht erst finden werden, haben oft kein gesteigertes Interesse daran, auf dieser Basis eine Familie zu gründen.


Geld vom Staat – kein Mittel gegen den Geburtenrückgang

Der Staat gibt so viel Geld für die Familie aus wie nie zuvor. Im Jahr 2010 lagen die Leistungen bei 200 Milliarden Euro. Allerdings wirkt das nur vermindernd auf den Geburtenrückgang, umgekehrt werden kann der Trend dadurch bis jetzt nicht. Warum das so ist, haben Forscher in einer Studie ermittelt. So wurde zum Beispiel geprüft, welche Geldleistungen überhaupt dazu geeignet sind, die Lust auf Kinder zu erhöhen. Die Kinderbetreuung steht dabei an erster Stelle, gefolgt von Kindergeld und Kinderfreibetrag sowie dem Elterngeld. Andere Leistungen wie das Ehegattensplitting, das den Staat im Jahr 2013 mehr als 20 Milliarden Euro kostete, verpuffen dagegen fast wirkungslos.


Und was ist mit den Männern?

Mehr als ein Viertel aller deutschen Männer zwischen 18 und 34 leben heute allein, haben keinen Beziehungs- und damit auch keinen Kinderwunsch. Diese Tendenz bleibt auch im mittleren Alter bestehen, der Anteil der alleinlebenden Männer war deutlich höher als der der alleinlebenden Frauen. Grund dafür, dass vor allem jüngere Männer keine Familie gründen wollen, ist in vielen Fällen die Angst vor der Verantwortung. Diese resultiert zum einen aus der bereits beschriebenen Existenz- und Zukunftsangst, zum anderen aber auch aus mangelndem Selbstvertrauen, wachsender Ich-Bezogenheit und nicht zuletzt aus den als ungerecht empfundenen Regelungen im Scheidungs- und Sorgerecht. Fast jeder Mann hat mindestens einen anderen im Bekannten- oder Freundeskreis, der sich durch eine Trennung und den Unterhalt für die Kinder wirtschaftlich ruiniert fühlt.


Fazit

Trotz Rekordausgaben für Familie, recht guter Konjunktur und niedriger Arbeitslosenquote haben die Deutschen wenig Lust, Kinder in die Welt zu setzen. Wenn der Staat hier gegensteuern möchte, dann muss er wohl bei potentiellen Eltern Vertrauen schaffen – in die Sicherheit der Arbeitsplätze, der sozialen Systeme, des bezahlbaren Wohnraums, der Verfügbarkeit einer Kinderbetreuung und nicht zuletzt auch der Fairness bei Trennungen.